Kaum eine Firma wird sich vor dem Hintergrund immer knapper werdender Ressouren und steigender Energiepreise dauerhaft der Forderung erwehren können, sich um eine effiziente Umweltbilanz zu bemühen. Zumal Fragen nach nachhaltigen Produkten und einer die Umwelt schonenden Produktion längst nicht mehr allein das ökologische oder soziale Gewissen betreffen, sondern längst zu Fragen des Images und zu einem wirksamen Werbemittel geworden sind. Denn wieviele Produkte retten mittlerweile den Regenwald, bauen Kinderdörfer, oder sichern einen Liter sauberes Trinkwasser für all jene, denen es fehlt. Doch die Anforderungen steigen: Künftig müssen immer mehr Produkte umweltfreundlich hergestellt werden, aus umweltfreundlichen Materialien bestehen und umweltfreundlich entsorgt werden können.
So hat sich beispielweise das italienische Unternehmen Arper, das sich auf die Produktion hochwertiger Stühle und Tische konzentriert, das Thema Nachhaltigkeit angenommen und, getrieben von seinem ökologischen Ansatz, ein verantwortungsvolles Produktprogramm entwickelt. „Das Ganze ist einfach Teil unserer DNA.“ erläutert Claudio Feltrin, Direktor von Arper, auf die Frage nach den Beweggründen einen solchen Weg einzuschlagen. „Das ist eine sehr wichtige Entscheidung, die nicht nur das interne Personal betrifft, sondern auch das gesamte Netz der Zulieferer, mit denen wir arbeiten.“
Die Informationen dazu, die Annoncierung ihres Engagements für die Umwelt, verstecken sich dabei kleingedruckt wie Allgemeine Geschäftsbedingungen in den Firmenmitteilungen. Die Eckpfeiler dieses Programms bestehen aus drei Komponenten: dem Umweltmanagement nach ISO 140001, der Umweltproduktdeklaration EPD (Environmental Product Declaration), und der Lebenszyklusanalyse des jeweiligen Produkts. Das Umweltmanagementsystem liegt in alleiniger Verantwortung des Herstellers, muss aber durch einen Gutachter bewertet werden, was im Fall von Arper im Jahr 2006 erfolgt ist.
Im März 2008 ließ Arper zwei seiner wichtigsten Produkte hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen prüfen: Die Stühle Catifa 53 und 46 (Zentralfuß und vierfüßig, uni oder zweifarbig). Bei der Lebenszyklusanalye (LCA – life cycle assessment) wird jede einzelne Phase, von der Rohstoffgewinnung über Produktion und Vertrieb bis zur Gebrauchsphase und Entsorgung, untersucht. „Für uns ist die LCA-Analyse fundamental. Wir teilen die Einschätzung der EU-Kommission, nach der 80% der Umweltauswirkung eines Produktes in der Entwurfsphase bereits festgelegt wird“, so Feltrin. Die Studie führte dazu, dass Arper die Environmental Product Declaration erhielt. Die EPD ist in der ISO 14025: „Type III environmental declarations“ verankert. Sie beruht auf einer Ökobilanz und stellt Umweltwirkungen dar, ohne diese zu bewerten. Doch vor allem werden damit die Produkteigenschaften vergleichbar. So lässt sich beispielsweise feststellen, dass der vierbeinige Stuhl Catifa 46 umweltfreundlicher ist als der vierbeinige Catifa 53. Denn obwohl beide zu 99 Prozent recycelt werden können, verbraucht Catifa 46 nur 456 Megajoule, im Gegensatz zu Catifa 53, der 536 Megajoule Energie verzehrt – was womöglich auch die Produktbezeichnung klärt. Das heißt, dass Catifa 46 so viel Energie verbraucht, wie der Transport von zehn Tonnen über hundert Kilometer mit der Eisenbahn, dafür aber im Schnitt auch fünfzehn Jahre lang hält.
Das Bewusstsein bezüglich der Umweltauswirkungen von Produkten wächst. „Design darf sich ja nicht selbst genügen. Es muss schön, aber auch intelligent sein.“, weiß sicherlich nicht nur Claudio Feltrin. Aber auch „die Nachfrage nach Produkten, die die Gesundheit derer, die sie benutzen, nicht schädigen.“, hat zumindest die Lebensmittelindustrie erkannt.
Nun wäre es sicherlich hilfreich, solche umweltrelevanten Aussagen in einem einzigen Klassifizierungssystem zusammenzufassen, um eine Vergleichbarkeit zwischen den Produkten zu ermöglichen. Denn wer weiß, vielleicht sind Catifa-Produkte die Stühle auf der Welt, die am meisten Energie verzehren – oder am wenigsten? Hier sind dringend standardisierte Richtwerte gefordert, die den Verbraucher zuverlässig aufklären, ohne dass dieser umfangreiche Nachforschungen anstellen muss. Bislang hat man eher den Eindruck, als erwarte uns ein Dschungel aus Symbolen und Zeichen, Richtlinien und Gesetzen, ohne dass all die Plaketten und Zertifikate mühelos untereinander vergleichbar wären. Ist etwa jegliche Materialeinsparung unmittelbar ökologisch und darf mit einer Urkunde honoriert werden? Hoffen wir das Beste.