Bei Herstellern und Designern in Deutschland wird heftig diskutiert: Ist der „Designpreis Deutschland" ein neu konzipierter Wettbewerb oder schlicht eine Mogelpackung, die das über Jahre entstandene Renommee des „Designpreis der Bundesrepublik Deutschland" nun für eigene Zwecke nutzt? Die Frage nach der Rolle des Rats für Formgebung nimmt in der Diskussion eine zentrale Stelle ein. Die in Frankfurt am Main ansässige Einrichtung, vor vielen Jahren vom Deutschen Bundestag mit einem Auftrag zur Designförderung ausgestattet, hat über lange Zeit den öffentlich geförderten Wettbewerb veranstaltet, musste kürzlich hinnehmen, dass der „Designpreis der Bundesrepublik Deutschland" ausgesetzt ist und für die neuerliche Durchführung gerade eine öffentliche Ausschreibung läuft. Noch vor der Vergabe-Entscheidung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ging der neue „Designpreis Deutschland" an den Start. Jörg Zimmermann hat Andrej Kupetz, Hauptgeschäftsführer des Rats für Formgebung zur aktuellen Situation befragt. Jörg Zimmermann: Für viele Hersteller und Designer kam die Erkenntnis überraschend: Der „Designpreis Deutschland" ist nicht identisch mit dem „Designpreis der Bundesrepublik Deutschland". Haben Sie als Veranstalter von Markenkongressen die unbestreitbar vorhersehbare Verwechselungsgefahr bewusst in Kauf genommen? Andrej Kupetz: Wir haben ja nach der Briefaktion von Herrn Wiegmann zahlreiche Telefonate mit unseren Teilnehmern geführt. Deshalb weiß ich, dass die Verwirrung keineswegs so groß war, wie Sie möglicherweise annehmen. Den Unterschied zwischen beiden Preisen haben wir in den Anmeldeunterlagen sehr deutlich gemacht und das haben auch nahezu hundert Prozent der Teilnehmer so wahrgenommen. Wer also willens war zu lesen, für den bestand von Anfang an keine Verwechslungsgefahr. Dass natürlich ein Konkurrent, der offenbar seine Felle davonschwimmen sieht, Desinformation streut, das können wir nicht ändern. Umso mehr interessiert und freut es uns, dass – wie auch Ihre Anfrage jetzt zeigt – die Medien von Anfang an um Klarheit bemüht waren. Der „Designpreis Deutschland" ist eine eingetragene Marke des Rats für Formgebung, die Rechte für das Konzept am Preis liegen ebenfalls bei uns. Bedauerlich ist vielleicht, dass das Ministerium nicht kommuniziert hat, dass es „seinen" Designpreis der Bundesrepublik Deutschland so nicht mehr geben wird. Das Preisgeld für den Nachwuchs ist höher, die Teilnahmegebühren sind geringer als beim bisher staatlich geförderten Preis. Bedeutet dies, dass die Unterstützung durch die öffentliche Hand Förderprogramme teurer, also wirtschaftlich schwieriger macht? Kupetz: Nicht unbedingt teurer, aber es ist unbestreitbar, dass privatwirtschaftliche Förderprogramme, flexibler agieren können. Öffentliche Fördergelder sind immer – und zu Recht – bestimmten Regularien unterworfen, zum Beispiel einen erheblichen Eigenanteil zu erwirtschaften. So gesehen können wir, was den „Designpreis Deutschland" angeht, durchaus schneller und gezielter agieren und vor allem den Bedürfnissen der Wirtschaft fokussierter gerecht werden. Ich würde dennoch Ihre These nicht für alle öffentlichen Förderprogramme gelten lassen, denn für bestimmte Aufgaben, etwa im Bereich der Qualifizierung und der Beratung von klein- und mittelständischen Unternehmen, muss die Öffentliche Hand nach wie vor in die Pflicht genommen werden – selbstverständlich auch hier mit der notwendigen wirtschaftlichen Verantwortung. Gibt es über die finanziellen Aspekte hinaus signifikante Unterschiede, die den privatwirtschaftlichen „Designpreis Deutschland" konzeptionell vom „Designpreis der Bundesrepublik Deutschland" unterscheiden? Kupetz: Der Rat für Formgebung hat über vierzig Jahre die Durchführung des Bundes-Designpreises und seine konzeptionellen Veränderungen verantwortet. In dieser Zeit hat es seitens des Ministeriums niemals einen Impuls gegeben, Modifikationen vorzunehmen. Alles was sich seit der ersten Ausschreibung des Bundespreises Gute Form bis zur letzten Erlassänderung zum Designpreis der BRD geändert hat, beruht auf unserer Expertise. Als ich die Geschäftsführung übernahm, zählten wir ganze 96 Einreichungen zum damaligen Bundespreis Produktdesign. 2010 zählte der Designpreis der Bundesrepublik Deutschland 1.540 Einreichungen. Sie werden verstehen, dass wir zutiefst irritiert waren, dass das Ministerium nach diesem Erfolg einen anderen Weg einschlagen wollte. Unser Anspruch ist es, den Preis den Kommunikationsbedürfnissen der Industrie und der Designwirtschaft anzupassen. Das heißt, es wird wieder Veränderungen geben. 2012 unterscheidet sich der „Designpreis Deutschland" natürlich in einem Punkt grundlegend vom Designpreis der Bundesrepublik Deutschland: Er wird vom Rat für Formgebung ausgelobt. Betrachten wir die Teilnehmerzahlen in diesem Jahr – dann ist dieser Schritt wohl goutiert worden. Welche Funktion hat aus Ihrer Sicht ein Preis wie der „Designpreis Deutschland"? Fördert er Designer und gutes Design oder ist er ein Marketingtool für die Industrie? Kupetz: Der „Designpreis Deutschland 2012" ist definitiv beides. Er prämiert Spitzenleistungen des Designs, ehrt Persönlichkeiten und zeichnet hoffnungsvolle Nachwuchstalente aus. Damit ist er ein zuverlässiger Orientierungspunkt für Unternehmen, Auftraggeber und Kunden. Dass die Geehrten die Auszeichnung für ihr Marketing nutzen, versteht sich fast von selbst. Im Gegenteil wäre es nicht nachvollziehbar, wenn sie den Preis nicht für ihre Kommunikation nutzen würden, denn eine bessere Referenz für ihre Produkte und Projekte kann es ja kaum geben. www.german-design-council.de/deutscher-designpreis
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Wer also willens war zu lesen…
14.10.2011
Andrej Kupetz: "Den Unterschied zwischen beiden Preisen haben wir in den Anmeldeunterlagen sehr deutlich gemacht." Montage: Stylepark
Andrej Kupetz: "Den Unterschied zwischen beiden Preisen haben wir in den Anmeldeunterlagen sehr deutlich gemacht." Montage: Stylepark
Andrej Kupetz, Foto: Lutz Sternstein