Das Büro bleibt
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27.10.2014
Claesson Koivisto Rune – es dauert, bis man diesen Namen aussprechen kann. Es lohnt sich aber. Denn die drei Architekten Mårten Claesson, Eero Koivisto und Ola Rune gehören zum Besten, was Schweden an Design und Architektur zu bieten hat. Es reicht, sich die Liste der Hersteller anzuschauen, mit denen sie seit ihrer Studiogründung im Jahr 1995 zusammenarbeiten, darunter Arflex, Boffi, Casamania, Kasthall, Offecct, Paola Lenti, Svedese, Wästberg. In ihrer Heimat werden Claesson Koivisto Rune vor allem als Architekten gebucht, so entstanden Gebäude wie das Sony Music Headquarter in Stockholm, das „Tind” Fertighaus sowie eine Reihe von Privatresidenzen. Martina Metzner hat Mårten Claesson in Stockholm getroffen, um mit ihm über Bürogestaltung und die schwedische Sicht darauf zu sprechen. Und saß dabei in der psychologischen „Pole Position“, wie Claesson erklärte, mit dem Rücken zum Fenster, sodass die Stylepark-Redakteurin ihn durch den Lichteinfall klar sehen konnte, während er selbst die Augen zusammenkneifen musste.
Mårten Claesson: Wir sind seit 20 Jahren im Geschäft und haben schon viele offene Raumkonzepte für Büros entwickelt. Wir lassen unsere Büros nicht wie Büros aussehen. Sie wirken eher wie ein privates Umfeld. Die Verspieltheit, wie man sie zum Beispiel bei großen IT-Firmen sieht, entspringt dem Wunsch, einen Kindergarten für Erwachsene zu schaffen, die nicht älter als 30 Jahre alt sind. Wenn man jedoch mit anderen Klienten zusammenarbeitet, etwa mit Rechtsanwälten, dann geht das mit dem Spielplatz natürlich nicht. Das heißt aber auch nicht, dass es ein neoklassisches Ambiente sein muss. Wir überlegen, was ein zeitgemäßes Äquivalent dafür wäre. Auf der einen Seite ist da das seriöse Büroambiente und auf der anderen Seite wollen Sie eine private Atmosphäre kreieren. Wie gelingt Ihnen das? Mårten Claesson: Es ist natürlich keinesfalls so, dass man das Gefühl hat, einen privaten Raum zu betreten. Es gibt einen Empfang, einen Wartebereich. Aber das Sofa und der Teppich sehen vielleicht anders aus als herkömmliche Büroeinrichtungen, sie sind hochwertig und wirken wohnlich. Auf diese Weise kann man sehr leicht das Ambiente verändern. Die Funktionalität ist immer noch da. Die Hersteller von Büromöbeln machen genau das in den vergangenen Jahren, sie präsentieren multifunktionale Möbel, auch wenn ihr Kerngeschäft eigentlich Büromöbel sind. Sie sind als Architekten und Möbeldesigner international tätig. Gibt es so etwas wie eine schwedische Sicht der Dinge, wenn es um Bürogestaltung geht? Mårten Claesson: Ja, wenn man Schweden und den Rest Europas vergleicht, ist da tatsächlich ein leichter Unterschied. Unsere Bürowelten sind weniger hierarchisch aufgebaut. So gibt es zum Beispiel keinen Dresscode und man spricht die Kollegen, auch den Chef, niemals mit dem Nachnamen an. Wenn man ein offenes Büro haben will, dann ist es zumindest aus schwedischer Perspektive wichtig, dass dies nicht nur für die Leute unterhalb der Managementebene gilt, während die Geschäftsführer noch ihre eigenen Büros haben. Schwedische Unternehmen haben das offenbar erkannt; der Boss muss mittendrin sitzen. Das ist in anderen Ländern nicht so. Bei uns war der Schritt zu einer offenen Bürokonzeption daher nicht so schwierig, da wir bereits diese Vorstellung von einer nichthierarchischen Büroordnung haben. Sie machen eine Menge für Offecct, die im Büromöbelsektor sehr erfolgreich sind. Sie haben über Wohnlichkeit gesprochen und mir fällt auf, dass Ihre Objekte für Offecct ausgesprochen verspielt und farbig daherkommen. Ist das damit gemeint? Mårten Claesson: Offecct hat schon immer viel mit Farbe und grafisch gearbeitet, das kommt uns entgegen. Wir setzen auch gerne viel Farbe ein. Das ist ein weiterer Unterschied zwischen Schweden und seinen Nachbarn. Teil unserer Vorstellung von modernem Design ist immer auch der Aspekt von Farbe und Spaß. Das Design kann streng oder reduziert sein, aber es gibt immer diesen kleinen Touch oder auch eine leise Ironie. Sie haben sogar den Hauptsitz von Offecct gestaltet. Mårten Claesson: Ja, wir haben vor ein paar Jahren eine Erweiterung zum bestehenden Showroom und Fabrik konzipiert. Das war in doppelter Hinsicht interessant. Zum einen handelt es sich um eine ganz gewöhnliche Fabrik in einer ländlichen Umgebung, die typische kastenförmige Architektur an einer Hauptverkehrsstraße. Offecct hatte uns beauftragt, ein Schild zu entwerfen. Anstatt eines Wegweisers konzipierten wir dann das ganze Gebäude als Aushängeschild. Für das Logo verwendeten wir gelochte Stahlbleche und kombinierten diese mit den kleinen Kunststoffkomponenten wie sie Offecct für die Stuhlbeinabschlüsse verwendet. Wir wollten auf diese Weise erzählen, was an diesem Ort hergestellt wird. Im Inneren haben wir den Showroom zwischen Fabrik und Hauptbüro angelegt. Normalerweise sind die Türen offen, sodass man den ganzen Showroom mit der Fabrik dahinter überblicken kann. Der Showroom ist nicht nur für Besucher gedacht, sondern wird vom Produktionsteam auch als Anschauungsfläche genutzt, nach dem Motto: „Geh rüber und schau’ es dir an”. Viele Möbelhersteller haben normalerweise in den größeren Städten riesige Showrooms. Der Showroom in der Fabrik wird dann einmal im Jahr von den Vertretern besucht. Ansonsten bleibt der Raum ungenutzt. In diesem Fall ist das anders. Sie haben bereits erwähnt, was der nächste Schritt nach dem Open Office sein könnte. Was halten Sie von der Idee, dass der feste Standort des Büros von einer mobilen Variante oder dem Home-Office abgelöst wird? Mårten Claesson: Ich glaube, in der Zukunft werden alle diese Modelle vertreten sein: das Home-Office, das ortsungebundene und das herkömmliche Büro. Das hängt von der Anforderung an die Arbeit ab. Das normale Büros gibt wird es weiterhin geben, davon bin ich fest überzeugt. Obwohl zunehmend Video- und Skype-Konferenzen eingesetzt werden, merken die Leute, dass eine tatsächliche Begegnung doch besser ist. Diese Vorstellung, dass man mit einer Internetverbindung auf seiner kleinen Insel sitzt und Besprechungen nur am Bildschirm stattfinden, das funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad. Produktive Meetings erfordern immer noch persönliche Begegnungen. Das spricht dafür, dass das herkömmliche Büro bleibt. |