Was für ein Ort! Als Dach die Domplatte und eines der größten Gotteshäuser der Welt, hinter der Wand ein Autotunnel, gegenüber das Kölner Szenelokal „Alter Wartesaal" und der Hauptbahnhof. Historisch aufgeladen, vom Verkehr umspült, mitten im Zentrum der Domstadt, ist in Köln ein neuer Anziehungspunkt für Design - Kunst und Cocktailliebhaber entstanden. Eigentlich ein Raum, der gar nicht geplant war, sondern bei den Arbeiten zur Umgestaltung der Domplatte „übrig" geblieben ist. Vierzig Meter lang, zwischen zwei und sechs Meter breit, mit bananenförmigem Grundriss und neuer Glasfassade, präsentiert sich die „Kunstbar" dem Publikum.
Entdecker des Ortes und jetzt Betreiber sind die umtriebigen Gesellschafter des Restaurants „Alter Wartesaal", Paolo Campi und Andreas Lichter. Schnell entstand die Idee, an diesem ungewöhnlichen Ort auch ein neues und ungewöhnliches Konzept umzusetzen. Jedes Jahr wird ein Künstler mit der kompletten Neugestaltung der Bar beauftragt. Ein kompetenter Partner für die Auswahl der Künstler war mit dem Kölnischen Kunstverein schnell gefunden.
Die Auswahl des ersten Künstlers kann nur dank der Tatsache überraschen, dass Arne Quinze bereits vor drei Jahren angefragt wurde, als sein Stern am Designhimmel noch am Aufgehen war. Inzwischen ist der Belgier, der als Graffitikünstler anfing, sich dann dem Möbeldesign widmete und dessen Skulpturen und Installationen weltweit gefragt sind, ein absoluter Star. Bis vor kurzem im Wesentlichen dem Design-Fachpublikum bekannt, ist Quinze durch seine Liaison mit Barbara Becker nun auch Gala- und Buntewürdig. Entsprechend auch sein Auftritt bei der Bar-Eröffnung in Köln. Im weißen Audi R8 fährt Arne Quinze vor, auf dem Beifahrersitz Barbara Becker, die Fotografen stürzen sich auf das Paar, eine hollywoodreife Szene.
Da gerät die von Quinze gestaltete Einrichtung fast etwas in den Hintergrund. Dabei ist diese durchaus gelungen. Zentrales Objekt ist eine riesige schwarze Wandarbeit, die aus Monitoren besteht, auf denen Augen in verschiedenen Perspektiven zu sehen sind. Die Augen gehören - na klar, Barbara Becker. Eine Arbeit, die den Kosmos von Arne Quinze, in dem Kunst, Kommerz und Design eine explosive Mischung eingehen, exemplarisch vorführt. „Big brother is pulling rabbits out of his hat" steht in Anlehnung an das berühmte Orwell-Zitat in Leuchtschrift über das Kunstwerk verteilt. Wer beobachtet hier eigentlich wen? In erster Linie wohl wir als Besucher den Künstler Arne Quinze. Der Kult des Künstlers nun auch in Köln.
Bar und Tische sind aus Holzkisten, die ansonsten dem Kunsttransport dienen, die Stühle stammen aus der Kollektion „Room 26" des belgischen Designherstellers Quinze & Milan, bei dem Arne Quinze noch immer als Art Director fungiert.
Quinze selbst ist übrigens schon wieder in seinen Audi gestiegen und abgedüst - größeren, höheren Zielen entgegen. Man hört, er plane, ganze Innenstädte umzugestalten. Köln ist da nur Zwischenstation. Barbaras Augen bleiben uns Gott sei Dank erhalten.
Die Kunstbar
Chargesheimer Platz 1 /Köln
Geöffnet täglich von 18 - 3 Uhr